20.11.07

Kirche und Wirtschaft


Die Schnittstelle von Glaube und Geld, Gott und Mammon, Christen und Wirtschaft, ist vor allem von zahlreichen Netzwerken geprägt:
- XING hat eine Gruppe Wirtschaft und Spiritualität
- Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln ist das einzige der großen deutschen Wirtschaftsinstitute, das sich in einem eigenen Referat mit dem Verhältnis von Kirche und Wirtschaft und Fragen der Wirtschaftsethik befasst. Schließlich sind die christlichen Kirchen wichtige Gesprächspartner für die Arbeitgeber
- Die Mitglieder des AEU wollen ihre Verantwortung in Kirche und Gesellschaft wahrnehmen
- CiW ist einer der größten christlichen Wirtschaftsverbände Deutschlands
- Die IVCG verbindet Menschen in Verantwortung
- Das christliche Medienmagazin Pro führt einen Heiligenkalender der Wirtschaft. Pop-Star der aktuellen Ausgabe: Pfarrer Michael Stollberg.

1.11.07

Ein Lob an die Struktur des Religionsunterrichts

Damals, als wir in der siebten oder achten Klasse waren, war für einige meiner Klassenkameraden und mich direkt klar: „Sobald ich 14 bin, wird Reli abgewählt.“ Das darf man ja. Ab dem 14. Lebensjahr sind Jugendliche religionsmündig. Das heißt sie können selbst entscheiden, ob sie am Religionsunterricht teilnehmen wollen oder nicht. Bis dahin obliegt die Entscheidung den Eltern. Für einen selbständigen Kirchenaustritt ist man mit 14 aber noch nicht reif genug – dafür muss man volljährig sein. Soweit so gut. Die Eltern sind für die religiöse Entwicklung ihrer eigenen Kinder zuständig – das ist Subsidiarität in Reinform. Wer sollte auch sonst zuständig sein?

Was die Eltern zu Hause an religiösem Lernen ermöglichen oder auch verhindern ist ihre eigene Verantwortung. Bei der Gestaltung des schulischen Religionsunterrichts stellt sich aber schon die Frage, wer da nun zuständig ist: Der Staat oder die Kirche? Der prominenteste Vorreiter für einen staatlichen Religionsunterricht war das Hitlerregime. Der Führer wurde als Messias verklärt und im Schulhaus mit Zwangsanbetung gehuldigt. Ein aktuelleres Beispiel ist die moralingeschwängerte Ideologie von Atomkrafthassern, Antiamerikanern, Veganern und sonstigen Dagegen-Seiern. Die Besetzung der entscheidenden Schulposten nach Parteienproporz tut ihr Übriges, dass die jeweilig herrschende politische Ideologie sich selbst reproduziert. Aus grün beschulten Kindern werden tendenziell immer mehr Grünenwähler.

Religion ist ein ordentliches Lehrfach, das heißt es gibt Noten und man kann durch Minderleistung auch sitzen bleiben. Religion gehört an die Schule. Der Staat braucht ja schließlich mündige Bürger, die ihn nachher vor überbordendem Staatsdirigismus warnen und durch Wahlen die Regierungspolitik fachmännisch bewerten. Nur wie bekommt man die Bürger mündig? Dazu braucht es eines gewissen Abstands zum Staat und seiner Ideologie. In einem sich selbstreproduzierenden ethischen Denkgebäude ist Kritik schon vom System her unmöglich. Es muss also eine externe Perspektive ran. Wer nur vom Staat den Blick beschult bekommt kann nicht kritisch auf seinen Lehrer blicken.
Das wussten auch die Väter und Mütter des Grundgesetzes. In Religionsfragen soll der Staat nicht das „wie“ regeln, sondern das „dass“. Er soll sicherstellen, dass auch nichtstaatliche Werte vermittelt werden, um sich selbst zu schützen. Laut GG Art. 7 „wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt.“ Konkret heißt das: Die Religionsgemeinschaften machen die Lehrpläne und nicht der Staat.

Es handelt sich beim Religionsunterricht also um einen Raum der Freiheit vor staatlicher Einmischung. Hier sind Religionsgemeinschaften am Werk und helfen mit, die jungen Bürgerinnen und Bürger zur Mündigkeit zu erziehen. Zugegeben, die Zahl der Anbieter auf diesem Bildungsmarkt ist recht beschränkt. Eigentlich bieten nur die katholische und evangelische Kirche Unterricht an. Jüdische Klassen kommen wegen zu geringer Teilnehmerzahl regelmäßig nicht zustande und für muslimischen Unterricht fehlt nach wie vor ein einheitlicher Ansprechpartner für die Gestaltung der Lehrpläne. Aber zwei große nichtstaatliche Anbieter sind immer noch besser als eine einzige vollstaatliche Ideologieschulung.

Die Struktur des Religionsunterricht könnte als Muster auch für andere Fächer gelten. Die Kammern sind längst an den Fächern der berufsbildenden Schulen gestaltend beteiligt. Man könnte aber auch für den Sportunterricht sagen: „Der Sportunterricht wird in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Fachverbände erteilt.“ Das muss keinen Verfassungsrang haben, um sinnvoll zu sein. Aber das ist ein Schritt weg von einem durch und durch staatlichen Schulsystem hin zu mehr Freiheit. Je mehr Anbieter sich auf dem Bildungsmarkt tummeln, desto größer die Chance auf bessere Bildung zu geringeren Kosten.

Es ist sehr wichtig für die Schule, dass Jugendliche ab 14 Jahren den Religionsunterricht abwählen können. Dadurch ist eine hervorragende Qualitätskontrolle dieses externen Anbieters gewährleistet. Der Unterricht muss sich als sinnvoll und attraktiv erweisen, sonst wird er durch leere Klassen abgestraft. Das Abgewählt-werden-können ist auch wichtig für die Religionsgemeinschaften. Sie erfahren dadurch, wie es um ihren eigenen Nachwuchs steht und können entsprechend nachjustieren - auf Nachfrage reagieren.

Meine Klassenkameraden und ich, die wir mit 14 Jahren Religion so leidenschaftlich abgewählt haben, sind zu Beginn der Oberstufe recht zügig in den guten alten Religionsunterricht zurück gekehrt. Was die Mitschülerinnen und Mitschüler aus dem staatlich geplanten und organisierten Philosophieunterricht so erzählten, klang schon sehr merkwürdig. Für nichtchristliche Jugendliche mag das ja ein notwendiges Ersatzfach sein, aber halt wirklich nur Ersatz. Vollstaatliche Angebote - gerade in Sachen Mündigmachung - können nichtstaatliche Initiative und einen funktionierenden Markt nicht gleichwertig ersetzen.